Beamtenrecht: Entfernung aus dem Dienst wegen eigenmächtig „verlängerten Urlaubs“ während Corona-Pandemie?
Matthias Wiese • 14. Dezember 2023
Beamtenrecht: Entfernung aus dem Dienst wegen eigenmächtig „verlängerten Urlaubs“ während Corona-Pandemie?
War die Entfernung einer Lehrerin aus dem Dienst wegen eines eigenmächtig „verlängerten Urlaubs“ während der Corona-Pandemie rechtmäßig? Mit der Beantwortung dieser Frage und einem zugrunde liegenden beamtenrechtlichen Disziplinarverfahren beschäftigt sich das Oberverwaltungsgericht Schleswig-Holstein in seinem Urteil vom 09.11.2023 (ger. Az.: 14 LB 3/23; vgl. FD-ArbR 2023, 460905, beck-online).
Sachverhalt
Die im Beamtenverhältnis stehende Lehrerin war 2020 noch vor Beginn der Osterferien nach Sri Lanka aufgebrochen, weil sie angesichts der fortschreitenden Corona-Pandemie befürchtet habe, sonst nicht mehr dorthin zu gelangen (a. a. O.). In der Folge hatte sie auch die vom Auswärtigen Amt angebotenen Rückholflüge verstreichen lassen, um ihren Urlaub nicht vorzeitig abbrechen zu müssen (a. a. O.). Aufgrund der pandemiebedingten Streichung des ursprünglich geplanten Rückfluges kehrte die Beamtin dann erst deutlich nach Ende der Ferien nach Deutschland zurück (a. a. O.). In Folge dessen nahm sie während der Ferien auch nicht an der Notbetreuung der Schule teil (a. a. O.). Die Schulleitung wurde über die tatsächliche Ortsabwesenheit durch die Beamtin getäuscht (a. a. O.). Des Weiteren war sie, obwohl im weiteren Verlauf des Schuljahres 2019/2020 bereits ein Disziplinarverfahren gegen sie eingeleitet worden war, ohne Erlaubnis auch noch einer Zeugniskonferenz ferngeblieben (a. a. O.).
Das Verwaltungsgericht Schleswig-Holstein hatte in erster Instanz mit Urteil vom 29.06.2023 (ger. Az.: 17 A 3/22) eine Entfernung der Beamtin aus dem Dienst verhängt/ausgesprochen (a. a. O.).
Urteil des Oberverwaltungsgerichts
Das Oberverwaltungsgericht Schleswig-Holstein ist auf die Berufung der Klägerin zu dem Ergebnis gekommen, dass die vom Verwaltungsgericht in erster Instanz verhängte disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme der Entfernung aus dem Dienst bei dieser Sachlage zurecht verhängt worden sei (a. a. O.). Die Revision zum Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) wurde nicht zugelassen (a. a. O.). Gegen die Nichtzulassung der Revision kann (nach Zustellung der Urteilsgründe an die Beteiligten) noch Beschwerde beim BVerwG eingelegt werden (a. a. O.).
Rechtliche Bewertung
Da das eigenmächtige Fernbleiben vom Dienst (vorliegend lt. der Presseveröffentlichung zum o. g. Urteil sogar einschließlich Täuschungshandlungen) grds. die beamtenrechtlichen Grund- und Hauptpflichten i. S. v. §§ 33 ff. BeamtStG betrifft/berührt, sind in solchen Fallgestaltungen regelmäßig nicht „nur“ besoldungsrechtliche Folgen (nämlich der entsprechende Verlust der Bezüge - vgl. § 9 BBesG oder § 60 ThürBesG einschließlich entspr. Auswirkungen auf das Ruhegehalt), sondern regelmäßig auch (je nach Schwere der Verfehlung ggf. erhebliche) dienst-/disziplinarrechtliche Konsequenzen zu befürchten. Da es sich bei diesem Vorwurf somit zwangsläufig um eine Dienstpflichtverletzung i. S. v. § 47 BeamtStG handeln kann, wird regelmäßig ein Disziplinarverfahren eingeleitet werden. In diesem Verfahren ist dann zu klären, ob es sich tatsächlich um eine schuldhafte/vorwerfbare Dienstpflichtverletzung handelt (und wie diese ggf. unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes dienst-/disziplinarrechtlich zu sanktionieren ist). Unabhängig davon, dass zwangsläufig jedenfalls von einem eigenmächtigen Fernbleiben vom Dienst immer abzuraten sein wird, sollten sich mit derartigen Vorwürfen bereits konfrontierte Beamte auch und gerade unter Berücksichtigung der vorliegenden Bewertung durch das OVG Schleswig-Holstein regelmäßig unverzüglich spezialisierten anwaltlichen Rat holen. Schließlich muss auch nicht jede Verfehlung bzw. Dienstpflichtverletzung direkt das Ende des Dienstverhältnisses bedeuten.
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Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat am 7.3.2024 im Falle eines wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzten Polizeibeamten im Saarland entschieden, dass die finanzielle Abgeltung der von ihm geleisteten Mehrarbeit (im Umfang von 205 Mehrarbeitsstunden) nach § 78 Abs. 3 SBG nicht grundsätzlich ausgeschlossen ist.

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