BVerfG: Beamtenbesoldung in Berlin in den Jahren 2008-2020 verfassungswidrig!
Matthias Wiese • 22. November 2025
BVerfG: Beamtenbesoldung in Berlin in den Jahren 2008 - 2020 verfassungswidrig!
Das BVerfG hat mit dem am 19.11.2025 veröffentlichten Beschluss vom 17.9.2025 festgestellt, dass die Besoldungsordnungen A des Landes Berlin im Zeitraum 2008 bis 2020 mit wenigen Ausnahmen mit dem Grundgesetz unvereinbar sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. September 2025 - 2 BvL 20/17, 2 BvL 21/17, 2 BvL 5/18, 2 BvL 6/18, 2 BvL 7/18, 2 BvL 8/18, 2 BvL 9/18; BVerfG-Pressemitteilung Nr. 105/2025 vom 19.11.2025).
Der Entscheidung lagen mehrere Vorlagen des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg sowie des Bundesverwaltungsgerichts zu einzelnen Besoldungsgruppen und Zeiträumen zwischen 2008 und 2017 zugrunde (a.a.O.). Die Prüfung wurde i. R. d. Normenkontrolle durch das BVerfG auf alle Besoldungsordnungen A und auf den gesamten Zeitraum vom 1. Januar 2008 bis zum 31. Dezember 2020 erweitert (a.a.O.).
Unter Fortentwicklung der bisherigen Rechtsprechung des BVerfG zur Prüfung der Amtsangemessenheit der Besoldung wurde in dem o.g. Beschluss klargestellt, dass sich die i. R. d. Art. 100 Abs. 1 GG erforderliche gerichtliche Kontrolle, ob die Besoldung evident unzureichend und Art. 33 Abs. 5 Grundgesetz (GG) deshalb verletzt ist, in drei Schritten vollzieht (a.a.O.). Erforderlich ist demnach – erstens, sofern Anlass dafür besteht – eine Prüfung des Gebots der Mindestbesoldung – sog. Vorabprüfung (a.a.O.). Es bedarf – zweitens – einer zweistufigen Prüfung des Gebots, die Besoldung der Beamten fortlaufend an die Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse und des allgemeinen Lebensstandards anzupassen – sog. Fortschreibungsprüfung (a.a.O.). Schließlich – drittens – ist, sofern die Vorabprüfung oder die Fortschreibungsprüfung einen Verstoß gegen das Alimentationsprinzip ergibt, zu prüfen, ob dieser Verstoß ausnahmsweise verfassungsrechtlich gerechtfertigt ist (a.a.O.).
Im Ergebnis dieser Prüfung stellte das BVerfG für die Berliner Besoldungsordnung fest, dass rund 95 % der geprüften Besoldungsgruppen in den Jahren 2008 bis 2020 mit dem Alimentationsprinzip aus Art. 33 Abs. 5 GG unvereinbar und damit verfassungswidrig sind (a.a.O.). Der Landesgesetzgeber hat nun verfassungskonforme Regelungen bis zum 31.3.2027 zu treffen (a.a.O.).
Die Entscheidung des BVerfG erscheint für die verfassungskonforme Besoldung sämtlicher Beamten, Richter und Professoren beim Bund und den Ländern (auch und gerade bezüglich des von Amts wegen weit über den dortigen Klagegegenstand hinausgehenden Prüfungsumfangs) durchaus bahnbrechend. Soweit das BVerfG zutreffender Weise anspricht, dass die gerichtliche Geltendmachung von Ansprüchen auf amtsangemessene Besoldung das Potenzial beinhalten, die Arbeitsfähigkeit des BVerfG bis hin zur Blockade zu beeinträchtigen, erfolgt die Erweiterung der Prüfungsgegenstände wegen der das Land Berlin weit überschreitenden Bedeutung ausdrücklich auch mit Blick auf den Grundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes und insbesondere die Gewährleistung der Europäischen Menschenrechtskonvention zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes. Es wird abzuwarten bleiben, ob und ggf. wie das Land Berlin - aber auch der Bund und die Bundesländer insgesamt - die angesprochene Problematik, die aus Sicht des Autors „ihren Ursprung“ insbesondere in der Föderalismusreform aus dem Jahr 2006 findet, verfassungskonform lösen wird bzw. kann. Eine Lösungsmöglichkeit läge aus Sicht des Autors in einer neuerlichen Föderalismusreform und der (Rück-)Verlagerung der Besoldungsgesetzgebungskompetenz an den Bund (der schließlich auch für die im Kontext der Mindest-Beamtenbesoldung relevanten Umstände wie z.B. Mindestlohn, Bürgergeld/Grundsicherung etc. zuständig ist).
Für die betroffenen Beamten, Richter und Professoren bleibt nur der Rat, entsprechend des verfassungsrechtlich verankerten Grundsatzes der zeitnahen Geltendmachung die Verfassungswidrigkeit der eigenen Besoldung (möglichst) bis zum Ende des laufenden Haushaltsjahres im Wege des beamtenrechtlichen Widerspruchs gegenüber dem zuständigen Dienstherrn zu rügen.
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