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Die "höchstmögliche" Vergleichbarkeit dienstlicher Beurteilungen

Dr. Katharina Laschinski • Okt. 15, 2020

Der Wiese & Kollegen Rechtsanwälte aus Erfurt Blog heute zum Thema:


Vergleichbarkeit von Regel- und Anlassbeurteilungen im Beamtenrecht.


Es gibt verschiedene Arten von Beurteilungen für Beamte. Im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit sind dies die Regelbeurteilung (periodische Beurteilung) und die Anlassbeurteilung.

Die erste Beurteilungsart wird in festen Zeitabständen und meist zu wiederkehrenden Stichtagen erstellt, sie umfasst zudem einen längeren Zeitraum. Die andere ist auf einen relativ kurzen Zeitraum bezogen und kann und darf nur aus einem bestimmten, grundsätzlich konkret geregelten Anlass erstellt werden.

In Thüringen gibt es dazu viele unterschiedliche Regeln und Richtlinien. Nicht nur verschiedene Dienstherren, wie z.B. die Landeshauptstadt Erfurt oder der Freistaat Thüringen, haben eigene Beurteilungsregeln. In Thüringen haben meist die einzelnen Ministerien für ihr jeweiliges Ressort spezielle Bestimmungen. Manchmal unterscheiden diese sich dann sogar noch weiter für den Bereich nachgeordneter Behörden (z.B. die Beurteilungsgrundsätze des Thüringer Ministeriums für Infrastruktur und Landwirtschaft mit ihren Sonderbestimmungen für die Katasterbereiche oder das TLBG).

Obwohl Thüringen nun (endlich) mit der Thüringer Beurteilungsverordnung landesweite neue Beurteilungsregeln hat, bleibt das Nebeneinander verschiedener Regeln doch erhalten. Denn  auch die neue Verordnung lässt ausdrücklich abweichende Bestimmungen für die obersten Dienstbehörden, also z.B. das Thüringer Ministerium für das Thüringer Finanzministerium oder das Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport, zu. Diese können dann noch zusätzliche eigene Verwaltungsvorschriften erlassen. Das gilt auch für kommunale Dienstherrn, also Städte wie Erfurt oder Jena, aber auch Landkreise.

Doch damit nicht genug: Bisher galt, dass zur höchstmöglichen Vergleichbarkeit (eigentlich einer Grundregel des Beurteilungswesens) insbesondere für Auswahlsituationen, in denen die Beurteilungen mehrerer Beamter zur Bestauslese miteinander verglichen werden, ein gleicher Stichtag und ein gleicher Zeitraum vorliegen müssen.

Für Anlass- und Regelbeurteilung ist das nahezu ausgeschlossen. Denn etwa nach der neuen Verordnung in Thüringen hat die Regelbeurteilung zu festen Stichtagen mindestens alle drei Jahre zu erfolgen (§ 3 ThürBeurtVO). Eine Anlassbeurteilung dagegen ist u.a. aus dienstlichen Gründen zu erstellen (§ 4 ThürBeurtVO). Ein Vergleich und eine Vergleichbarkeit von Anlassbeurteilungen mit Regelbeurteilungen sind daher nach den bisher bekannten Maßstäben grundsätzlich nicht möglich.

Aktuell ist jedoch das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig der Auffassung (erstmals schon mit Urteil vom 9.5.2019 und bestätigt für den BND mit Beschluss vom 2.7.2020), dass die bisherigen Voraussetzungen für die Vergleichbarkeit „so streng“ doch nicht gelten sollen. Es sei (womöglich immer schon) nur um „höchstmögliche“ Vergleichbarkeit im Sinne eines Optimierungsziels gegangen. Daher seien im Einzelfall auch Anlassbeurteilungen mit Regelbeurteilungen anderer Beamter miteinander zu vergleichen. Und liegt für den einzelnen Beamten kein hinreichender Anlass vor, dürfe auch keine Anlassbeurteilung erstellt werden. Allerdings betont das Gericht in diesem Kontext, dass eigentlich die Anlassbeurteilung ohnehin die Ausnahme sein sollte. Sinnvolle Schlussfolgerung dürfte also weniger die Vernachlässigung gemeinsamer Stichtage und Beurteilungszeiträume als vielmehr die verlässliche und regelmäßige periodische Beurteilung der Beamten sein.

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